Leben und Heldentod des Grafen Ludwig von
Lodron. K.k. Feldhauptmanns
Alois Moriggl, 1863
https://books.google.ca/books?id=Ce1uFITWOSkC
XVII. Abschnitt,
Ludwig Graf von Lodron, Anführer der
Tiroler im Feld zuge nach Slavonien; sein Durchmarsch durch Brixen; Hanns Katzianer,
Oberbefehlshaber des kaiserlichen Heeres; Aufbruch und Marsch desselben nach
Valpó; Anstalten der Türken zum Empfang der Kaiserlichen; Ankunft derselben
bei Essek; Marsch des Heeres weiter gegen Süden; Erstürmung von Erdöd und
Herman; Ueber setzung der Vuka; Rückzug nach Valpó; Ludwig Graf von Lodron,
Führer der Avantgarde; Unzufriedenheit und schreck liche Noth im kaiserlichen
Heere; Flucht des Oberbefehlshabers Katzianer; Graf Ludwig, zum
Oberbefehlshaber erwählt; seine Anrede; Kampf auf Leben und Tod; Graf Ludwigs
Fall und Tod; sein Monument.
1. Schon über zehn Jahre hatte ein
blutiger Krieg in Ungarn gewüthet, welches Land im Innern heillos zerrissen, furchtbar
verheert und verwüstet, ein schauerliches Bild des Elends darstellte. Tausende
seiner Bewohner hatte das Schwert erwürgt, Tausende, an den Bettelstab
gebracht, zogen nun als Räuber im Lande herum, und abermals Tausende
schmachteten als Sklaven im jammervollsten Zustande. Mehrmals schon hatte der
gewaltige Soliman Ungarn überschwemmt, wie wir bereits gehört haben; er wollte
es nun auch im Jahre 1536 nochmals wagen, wollte mit einem furchtbaren Heere sich
vor Wien zeigen, diese Stadt erobern, im folgenden Sommer bis Italien vordringen
und dort mit Franz I., König von Frankreich, eine persönliche Zusammenkunft
halten. Zu diesem Zwecke sollte ihm der Statthalter von Semendria zunächst
durch Slavonien und Kroatien bis ans adriatische Meer die Bahn öffnen. Schon
hiess es: Soliman sei aus Konstantinopel ausgezogen und in Adrianopel
angelangt, wo er kräftigst sich zum Kriege rüste. Es galt jetzt Alles
aufzubieten, um die bestmöglichsten Wertheidigungsanstalten zu treffen. Die
Stände von Böhmen, Mähren und Schlesien wurden angegangen, Truppen zu stellen; die
ungarischen treugesinnten Landestheile bewilligten eine Kriegssteuer, und ein
allgemeines Aufgebot zu den Waffen ward erlassen. Den Sultan beschäftigte jedoch
im Verlaufe des Sommers theils der Krieg mit Venedig, theils die Belagerung der
Insel Corfu, und auch mit Persien waren wieder Misshelligkeiten ausgebrochen;
Soliman musste daher seine Absicht auf Ungarn bis zu einer gelegenern Zeit
verschieben. Diesen Aufschub benützte der damalige Feldhauptmann Ferdinands
I., Leonhard von Völs, Landeshauptmann an der Etsch und Burggraf zu Tirol, mit
vielem Glücke. Ausgerüstet mit einer ansehnlichen Kriegsmacht bemächtigte er
sich zuerst des festen Punktes Theben an der Donau, dann der Städte Pressburg, Raab,
Komorn und Tyrnau. Zapolya, der an der Spitze von 10,000 Mann gegen Völs
heranzog, wagte den Kampf, erlitt aber eine bedeutende Niederlage.
Durch diese glücklichen Erfolge ermuthigt,
war Ferdinand nun auch darauf bedacht, die in Slavonien von den Türken eroberten
festen Schlösser wieder zu gewinnen. Zu diesem Zwecke hatte sich zu Kopr einitz
– auf dem rechten Ufer der Drau – ein Heer von 24.000 Mann im Sommer des Jahres
1537 gesammelt; es bestand aus 16,000 Mann Fussvolk und 8000 Reitern, und war
zusammengesetzt aus Kriegern aller Provinzen, über welche Ferdinand I.
herrschte. Die Reiterei – grösstentheils Husaren – führte Ludwig Pekry; unter
ihm standen Paul Bakits, den wir bereits als „Vater der Reiterei“ kennen, dann
Balthasar Banffy und der begnadigte Raubherr Ladislaus More. Das Fussvolk aus
Tirol führte Ludwig Graf von Lodron an. Aus Kirchmayr's Chronik ist ersichtlich,
dass „der fromme Graf“ mit einer Abtheilung von 800 Kriegern am 12. Mai 1537
die Stadt Brixen passirte, überall gute Mannszuchl haltend – ein Lob, das dem
Helden, wie sich der Leser erinnern wird, schon früher einmal gegeben wurde. [1] Die Böhmen befehligte Graf Albrecht Schlick,
die Oesterreicher Graf Julius Hardegg, die Steyermärker Johann Ungnad, die
Kärnthner Erasmus Mager (Moger) und die Krainer Johann Freiherr von Katzianer,
dem zugleich auch der Oberbefehl über das ganze Heer übertragen wurde. Der
kriegerische Sinn dieses Mannes, seine Kühnheit und Tapferkeit hatten ihn dem
Monarchen Ferdinand I. als obersten Feldhauptmann vor allen andern empfohlen,
obgleich er Vielen wegen seiner Leidenschaftlichkeit und Unruhe des Geistes,
sowie wegen Mangel an Sicherheit und Beharrlichkeit in seinen Entschlüssen weniger
zur Führung des Oberbefehles, besonders über eine aus so verschiedenen
Völkerschaften zusammengesetzte Streitmacht geeignet schien. Man hielt ihn weit
fähiger, eine Reitertruppe zum Einhauen anzuführen, als das Ganze eines
geordneten Feldzuges zu leiten und grosse Schlachten zu lenken. Als
Reiter-General hatte er allerdings glänzende Beweise seines oft an Verwegenheit
gränzenden Muthes gegeben, als Oberanführer einer nicht unbedeutenden
Streitmacht hatte er noch keine Probe abgelegt.
Mit diesem Heere vereinigte sich auch noch
der Bischof von Agram, Simon Erdödy, der die Besorgung der Zufuhr übernahm ,
wozu ihm noch vier der ersten Landes-Obersten und des Königs Proviantmeister,
Herr von Lilienberg, als Gehülfen beigegeben wurden. Das Heer führte 8 grosse
Kanonen und 40 kleinere Feldstücke mit.
3. Sobald Mohamed Pascha, der Statthalter
von Semendria, die Kunde von der Zusammenziehung des Heeres bei Kopreinitz erhalten
hatte, berief er in Eile den Statthalter von Bosnien und mehrere Bey's zu sich,
um mit ihnen wegen der zu ergreifenden Massregeln eine Berathung zu pflegen. Es
ward beschlossen, die Kaiserlichen weit ins Land vorrücken zu lassen, aber
zugleich auch alle Macht aufzubieten, ihnen dann kräftigst entgegen zu treten.
Auch im österreichischen Hauptquartiere zu Kopreinitz ward Kriegsrath gehalten;
ällein über den Zwist und den Rangstreit der einzelnen Führer kam man der
Hauptsache nach fast zu keinem Entschlusse. Malum omen! Leider ging bei diesen
unnützen und verderblichen Zänkereien der günstigste Augenblick verloren, die
Türken mit allem Nachdrucke anzugreifen. Endlich verglich man sich im
Hauptquartiere dahin, dass jeden Tag eine andere Abtheilung vorausziehen sollte
und dass man sich im Falle eines feindlichen Angriffes gegenseitig
unterstützen wolle !
Nach Abhaltung dieses merkwürdigen
Kriegsrathes setzte sich das vereinigte Kriegsheer die erstern Tage des Monats November
(!) in Bewegung; der Tag des Aufbruches känn nicht bestimmt angegeben werden.
Die Steyermärker, denen 100 böhmische Reiter beigegeben wurden, bildeten den
Vortrab. Es ward beschlossen, das ganze Heer soll vorläufig bis Werowitz
rücken, und dort, wo sich die Wege theilen, werde über den einzuschlagenden
Marsch ein weiterer Kriegsrath entscheiden. Daraus ist ersichtlich, wie planlos
beim ganzen Feldzuge zu Werke gegangen wurde.
Werowitz (Verovecz) liegt gegen sechs
deutsche Meilen südlich von Kopreinitz; um nun diesen Weg zurückzulegen, was
in zweien Tagen leicht hätte geschehen können, brauchte das Heer zehn volle
Tage! In Folge der Aussage, welche einige in der Nähe von Werowitz gefangene
Türken machten, dass Mahomed Pascha noch zu schwach und auf keinen Angriff gefasst
sei, beschloss man weiter vorwärts zu rücken, jedoch nicht in südlicher
Richtung, sondern eine mehr östliche einzuschlagen. Hier machte sich jedoch zum
ersten Male ein neuer Feind bemerkbar, der Allen äusserst bedenklich zu werden anfing;
es war dieses der Mangel an gehöriger Verpflegung des Heeres. Zwar war Proviant
hinreichend vorhanden, aber es fehlte an Fuhren und an der nöthigen Bespannung
zur Beförderung desselben an die verschiedenen Truppenkörper. Der Bichof von
Agram mochte ein guter Bischof gewesen sein, war aber ein schlechter
General-Intendant. Man berieth sich nun wieder über diese Zustände und kam zum
Entschlusse: der Oberfeldhauptmann Hanns Katzianer und die übrigen Führer sollten
vorausziehen, zu Valpó werde man schon grosse Vorräthe finden und bis dahin in
den Dörfern hinreichend Proviant und Futter antreffen, zugleich ward auch der
Bischof angewiesen, mit Eifer und Thätigkeit für die nöthige Zufuhr von Lebensmitteln
zu sorgen.
Das Heer rückte also am rechten Ufer der
Drau auf Valpó los, das in gerader Linie 21 deutsche Meilen von Werowitz entfernt
ist. Auf dem Marsche nach der benannten Ortschaft brach aber ein schreckliches
Unwetter los. Mehrere Tage fiel der Regen in Strömen vom Himmel, so dass die
Pferde manchmal bis an den Bauch im Wasser standen; eine Menge Vieh ging zu
Grunde; unter den Truppen rissen Krankheiten ein, und beim Abgange aller Pflege
starben täglich Hunderte dahin. An Ruhe, Schlaf oder Erholung war nicht zu
denken, und bei den grundlosen Wegen kam auch wenig Proviant herbei. Viele blieben
unterwegs krank, ermüdet und kraftlos liegen, so dass das Heer von Tag zu Tag
immer mehr geschwächt wurde.
4. Während dieser Vorgänge hatte sich der
Pascha von Bosnien mit Mahomed Pascha vereinigt. Beide kamen überein, das
christliche Heer vorerst durch Hunger zu schwächen und dann durch Waffengewalt
zu erdrücken. Demgemäss hatte Mahomed Pascha in allen Gegenden, die dem
türkischen Heere offen standen, die meisten Vorräthe selbst um höhere Preise angekauft.
Türkische Schiffe hatten die Drau, und leicht berittene Spahis alle Landwege
unsicher gemacht, so zwar, dass dem Heere der Christen fast keine Lebensmittel
mehr zugeführt werden konnten. Nach siebentägiger, mühevoller Anstrengung ward
endlich die Brücke über den durch starken Regen angeschwollenen Fluss
Karasicza, der von Westen her in die Drau fällt, geschlagen, und das Heer kam
bei Valpó an. Das Fussvolk bestand nur noch aus 8000 Mann, während die Reiterei
durch neu angelangte Verstärkungen sich jetzt auf 10.000 Mann belief.
In Valpó erfuhr man von türkischen
Gefangenen, welche der mit 1000 Reitern vorausgeschickte Paul Bakits bei der Einnahme
des Schlosses Sopya aufgegriffen hatte, dass der Feind, 15,000 Mann stark, eine
feste Stellung bei Essek genommen habe und dort den Anzug des christlichen
Heeres erwarte. Hanns Katzianer glaubte also, es werde dort zum Kampfe kommen;
indessen waren aber seine Hauptleute im Kriegsrathe zu Wapó über die nächst zu
ergreifenden Massregeln keineswegs einig. Einige stimmten für die Belagerung
eines bei Essek gelegenen festen Kastells, um einen festen Punkt zu gewinnen,
Andere hingegen für den allsogleichen Angriff, bevor man noch den vorhandenen
Proviant verzehre und der Feind sich verstärke. So hoffte man das wenig
befestigte Essek leicht zu gewinnen, den Feind in die Flucht zu schlagen und den
ermatteten Truppen in der spätherbstlichen Zeit eine bessere Unterkunft zu
bereiten. Jedoch das Kriegsglück war vom christlichen Heere ein für alle Mal
gewichen; die Zwietracht ihrer Führer verscheuchte es, und schwere Unfälle
standen in Folge dessen noch bevor.
Unter Androhung der schwersten Strafe für
den Fall, dass Jemand von der Fahne weichen sollte, ohne Befehl vorrücken oder
in einen Kampf sich einlassen würde, brach das christliche Heer mit entrolltem,
hochgeschwungenem Panier des St. Georg in Schlachtordnung auf. Als dasselbe
etwa eine Meile von Essek entfernt auf einem ausgedehnten Wiesengrunde gelagert
war, rechts durch waldige Anhöhen, links durch die Drau gedeckt, gewahrte es
zuerst einige feindliche Reiter-Abtheilungen, welche aus Essek heranstürmten,
in der Erwartung, die Ermatteten in einen Kampf zu verwickeln; die
Anstürmenden wurden aber durch ein gut geleitetes Geschützfeuer bald geworfen
und zurückgetrieben. Tags darauf begannen die feindlichen Reiter wiederum
dasselbe Spiel und versuchten besonders mit der ungarischen Reiterei
anzubinden.
Die Hauptmacht der Türken hatte sich
inzwischen hinter die Stadt zurückgezogen und zu ihrem Schutze 60 bis 70
Stück schweres Geschütz so aufgestellt, dass man das weiter vordringende Heer
der Christen damit beschiessen konnte. Ein vom Oberbefehlshaber Hanns Katzianer
augenblicklich zusammengerufener Kriegsrath verordnete die Einstellung jedes
unnützen Scharmutzirens mit dem Feinde, und beschloss auf eine zum Angriff
bequeme, in der Nähe der Stadt liegende Ebene zu ziehen, weil man von
Ueberläufern erfahren hatte, dass die Stadt auf jener Seite nur schwach
befestigt sei, und dass Mohamed Pascha den Angriff nicht lange aushalten werde;
dann auch wohl aus dem Grunde, weil das Heer von dort aus leichter mit Proviant
versehen werden könne. Mit grossen Beschwerden und nicht ohne Verlust ward der
Weg zurückgelegt. Eine halbe Meile unter Essek schlug nun das Heer ein Lager
auf, und rückte am andern Morgen in Schlachtordnung der Stadt näher, um dem
Feinde die Schlacht anzubieten; dieser hatte sich jedoch in die Stadt und in
sein festes Lager zurückgezogen. Katzianer liess Stadt und Lager beschiessen,
um den Feind herauszulocken; dieser war aber zu keinem Gefechte zu bewegen und
erwiederte Katzianers Angriffe ebenfalls mit heftigem Geschützfeuer. Das
christliche Heer musste sich also unverrichteter Sache am nächsten Morgen in
sein erstes Nachtlager zurückziehen.
5. Katzianer versammelte neuerdings alle seine
Hauptleute zu einer Kriegsberathung, ihnen die Frage vorlegend, was nun zu thun
sei? Das Kriegsvolk litt Hunger, die erwartete Zufuhr von Lebensmitteln wurde
von türkischen Reitern abgeschnitten und kam nicht, ein grosser Theil des
Heeres war unter den grossen Mühen und Entbehrungen erkrankt, entkräftet und muthlos
geworden, eine bedeutende Menge Pferde aufgerieben, und die wenigen vorhandenen
Pferde waren wegen Mangel an Futter ausser Stand, die Wägen und Geschütze
fortzubringen. Das ganze Heer befand sich also in der bedenklichsten Lage. Katzianer
sprach sich für den Kampf aus, wozu man den Feind zwingen müsse. Wenn er auch
in diesem Punkte viele Gegner fand, so stimmten doch alle darin überein, dass
man die gefahrvolle Stellung baldmöglichst aufgeben und das Heer wieder zurückführen
müsse, um es der Verpflegung näher zu bringen. Es handelte sich nun darum,
welchen Weg man einschlagen müsse. Katzianer schlug die Heerstrasse nach Valpó
vor, auf der man gekommen war. Die ungarischen Obersten hingegen sprachen sich
für den südlichen Weg nach Herman und und Gara aus, wo Proviant und Futter
genug anzutreffen sei. Von dort könne man die Richtung nach Posega oder nach Walpó
nehmen; unterwegs könne man sich der dortigen Schlösser bemächtigen, wo man
Mundvorrath in Ueberfluss finden werde.
Diesem Vorschlag traten nach weiterer
Berathung auch die übrigen Hauptleute bei. Der Marsch ward sofort am frühesten
Morgen des andern Tags nach Süden angetreten – nicht ohne Belästigung von
Seite des Feindes, der das abziehende Heer rastlos umschwärmte und es bald im
Rücken, bald in den Flanken angriff. Man hatte indessen diesen beschwerlichen
Zug bis in die Nacht hinein fortgesetzt und gelangte durch ein ziemlich
bebautes Land bis auf eine halbe Meile von Herman.
Das erste Unternehmen galt nun auf
Balthasar Banffy's Vorschlag dem gut verlheidigten türkischen Schlosse Erdöd, das
ungeachtet aller Gegenwehr genommen wurde; allein der Erfolg dieser
Unternehmung war kein entsprechender; denn man fand statt der gehofften grossen
Vorräthe nur Lebensmittel, die kaum auf zwei Tage für das Heer ausreichten.[2]
Auch das Kastell Herman fiel in Katzianers Gewalt; jedoch über die in
demselben vermutheten Viktualien hatte man sich abermals bitter getäuscht.
Während dessen brachten die Landleute aus
der Umgebung unter Katzianers Geleit gegen 50 Wägen mit Proviant herbei. Die
ausgehungerten Truppen hatten diese Zufuhr nicht sobald wahrgenommen, als sie
trotz des Geleites und gegen alles Verbot mit wilder Gier darüber herfielen,
alles, was sie erreichen konnten, gewaltsam wegnahmen, die Landleute, welche eine
Bezahlung forderten, misshandelten, mehrere sogar todtschlugen. Katzianer,
über diese Gräuel seines zügellosen Volkes ergrimmt, stach mehrere
Widerspenstige mit eigener Hand nieder, Andere liess er für ihre Verbrechen
mit dem Strange bestrafen. Nachdem hierauf das Schloss Herman mit der nöthigen Besatzung
versehen worden war, setzte das Heer seinen Marsch nach Gara fort, kam aber
bald an den Fluss Vuka, dessen Brücke durch die angeschwollenen Gewässer
zertrümmert und weggerissen war. Niemand kannte die Gegend; Kundschaften konnte
man keine einziehen, weil Niemand im Heere der Landessprache kundig war. Es
musste nun eiligst eine Brücke gebaut werden; Tag und Nacht wurde daran
gearbeitet; selbst Katzianer "war dabei rastlos thätig, um das Werk zu
förden. Endlich ward sie fertig; zuerst kam das kleine Geschütz und die Munition
mit einer Abtheilung Truppen hinüber, dieser folgten alle Wägen und die
übrigen Truppen; das grobe Geschütz machte den Schluss; allein beim
Ueberfahren desselben brach die leicht gebaute Brücke unter der Last der
achten Kanone zusammen und riss die sie begleitende Mannschaft mit fort in die
Wellen. War auch der grösste Theil des Geschützes und der Wagen-Transport
glücklich über den Fluss gelangt, so zeigte doch hier sich nun die
Unmöglichkeit, dieselben fortzubringen; es fehlte die nöthige Bespannung. Die
Hauptleute, früher uneins, nun unzufrieden und nur auf eigene Rettung bedacht,
thaten und bewilligten nichts, wie dringend auch Katzianer sie zur Stellung der
nöthigen Pferde ersuchte; ihm blieb in dieser peinlichen Lage nichts Anderes
übrig, als dem Zeugmeister den Befehl zu ertheilen, alles lästige Gepäck und alle
entbehrlichen Wägen zu verbrennen, einen Theil der Munition zu vergraben, und
die dadurch gewonnenen Pferde an das Geschütz zu spannen. Der Befehl ward
pünktlich vollzogen, aber zur Fortbringung des Geschützes fehlten noch immer
bei 50 Pferde; mehrere Kanonen hätte man demnach müssen stehen lassen. Nun
ward beschlossen, diese sprengen zu lassen, damit sie dem nachsetzenden Feind
keinen Nutzen gewähreten. Man setzte darauf den Marsch nach Gara fort.
Als man am folgenden Tag diesem Orte näher
kam, fand man eine Anhöhe vom Feinde besetzt, von wo er das Heer unaufhörlich
mit 15 Feldstücken beschoss, bis endlich Katzianer, der den Vortrab führte,
die Höhe erstürmte und den Feind zurückwarf, so dass das übrige Heer ohne
Gefahr vorbeikam. Nach abgehaltenem Kriegsrathe schlug Hanns Katzianer das Lager
in einer sehr vortheilhaften Stellung in der Nähe eines Gewässers auf, von wo
man den in kurzer Entfernung liegenden Feind durch das noch übrige Geschütz
bald zurücktrieb.
Da kam ein Bote von Valpó mit der
Nachricht, dass sich daselbst weder Proviant befinde, um ihn nach Gara zu
schaffen, noch Geld, um Lebensmittel anzukaufen. Diese Meldung schlug alle
Hoffnung darnieder. Hanns Ungnad, Führer der Steyermärker, und Franz Bathyan,
ein ungarischer Hauptmann, traten in Katzianers Zelt und erklärten ihm
geradezu: ihr Volk sei in wildester Aufregung, wüthe und tobe wegen Mangel an Lebensmitteln
und lasse sich durch nichts mehr zufrieden stellen. Katzianer befand sich nun
in der furchtbarsten Lage. Als er die beiden Führer um Rath fragte, gab
Bathyan zur Antwort: „Ich rathe Euch, lasst Wagen und Geschütz zum Teufel gehen,
auf Proviant ist keine Hoffnung mehr, Ihr könnet auch Geschütz und Wägen schon
der engen Wege, des Mangels an Pferden und der herrschenden Hungersnoth wegen
nicht weiter fortbringen; zudem ist das gesammte Kriegsvolk ermattet und die
Flucht der Husaren schon so gross, dass ihrer kaum noch die Hälfte da ist. So
eben hat Ladislaus More anzeigen lassen, dass er mit seinen Reitern abziehen
und heimkehren wolle; geschieht dieses, so wird die Flucht unter den Husaren
allgemein werden. Was wollen wir dann noch allein hier thun, und warum so viele
Leute umsonst opfern?“
Was Bathyan sprach, hatte sich bald
bewährt; Ladislaus More, der begnadigte Raubherr, entwich mit seinen Leuten durchs
Gebirg nach seiner Burg St. Elisabeth. Bei so trostlosen Verhältnissen und auf
die Nachricht des Paul Bakits, dass die in der Nähe liegenden Türken so eben
frische Truppen zu Fuss und zu Pferd als Verstärkung an sich zögen, stimmte man
nothgedrungen dem Vorschlage der beiden Führer, Hanns Ungnad und Albrecht
Schlick, bei, der dahin lautete: „In Ansehung der augenscheinlichen Noth
Geschütz und Wägen zurückzulassen und sich eiligst über Walpó
zurückzuziehen.“ Man beschloss ferners: Jedermann zu Pferd soll sich zwei Stunden
vor Sonnenaufgang zum Aufbruch bereit halten; Graf Ludwig von Lodron soll noch eher
mit seinen Leuten und sechs Falkonetten vorausziehen, dann die Brücke
besetzen, die eine Stunde vom Lager entfernt war, und auf beiden Seiten des
Weges sich aufstellen, bis die Uebrigen heranzögen und die Brücke
überschritten hätten, dann mit dem erwähnten Feldgeschütz nachziehen. Hanns
Ungnad mit seinen Steyrern und Ludwig Pekry mit den Husaren sollten den
Nachtrab führen.
Jeder Hauptmann sollte den Adeligen in
seinem Haufen den Plan heimlich mittheilen, damit Jeder sich darnach richten
und das, was er an Hab und Gut auf den Wägen habe, zu sich aufs Pferd nehmen
könne. Die ganze Anordnung des Abzuges publicirte Katzianer im Kriegsrathe
durch einen öffentlichen lauten Befehl. Darauf gab er die Losung und ertheilte
dem Zeugmeister die nöthigen Befehle wegen Sprengung des Geschützes (mit
Ausnahme der sechs Falkonette, welche Graf Ludwig von Lodron mit sich führen
sollte) und dann auch wegen Aufbrennen des Pulvers.
Leider war das Beispiel des Ladislaus More,
der sich bekanntlich mit seinen Husaren heimlich davon gemacht hatte, nicht
ohne Wirkung geblieben. Hanns Ungnad und der Bischof von Agram verliessen in
derselben Nacht noch das Lager; hierauf verschwand der Oberbefehlshaber der
Reiterei, Ludwig Pekry, und ehe die Sonne aufging, war auch der oberste Feldhauptmann,
Hanns Katzianer, verschwunden!
Die Tiroler unter Lodron, die Böhmen unter
Albrecht Grafen von Schlick, die Oesterreicher unter Julius Grafen von Hardegg
und die Kärnthner unter ihrem tapfern Führer Erasmus Mager waren geblieben; es
war meistens Fussvolk. In dieser äusserst kritischen Lage übernahm Graf Ludwig
den Oberbefehl, da die noch anwesenden Führer mit dem ganzen Volke in den
Helden drangen, sich an die Spitze des Heeres zu stellen. Nun galt es den Kampf
der Verzweiflung zu kämpfen und todesmuthig sich dem Feinde entgegen zu werfen,
der schon in Massen heranzog, die Verlassenen zu überfallen und vollends
aufzureiben. Der edle Graf, muthig und
behend auf sein Streitross sich schwingend, hielt noch an seine Krieger, die er
eben im Begriffe stand in einen Kampf auf Leben und Tod zu führen, eine
feurige Anrede, die uns die Geschichte aufbewahrt hat:
„Soldaten ! Nun heisst es alle Kräfte zusammen nehmen – rief der Held – nun die ganze Tapferkeit in Anwendung bringen. Wohin die Sachen gekommen sind, sehet ihr selbst.
Die ganze Gegend ist ringsherum besetzt; besetzt von den Feinden sind alle Wege; der Hunger ist im Lager eingeschlossen, Proviant aber ausgeschlossen. Freiheit ist jetzt nur mehr im Schwerte; mit dem Schwerte heisst es handeln. Nur jener Weg zur Rettung steht noch offen, den sich Jeder mit der Faust bahnt. Gerettet werden wir nur dann sein, wenn wir Sieger sind. Fürchten wir etwa der Gefahr zu begegnen? Die grösste Gefahr liegt eben in der – Furcht. Vor Hunger müssen wir sterben, wenn wir das Schwert der Türken mehr fürchten als es Christen geziemt. Was kann diesen Barbaren wohl erwünschlicher sein, als dass sie ohne Kampf und Verlust noch bei aller ihrer Feigheit und Unthätigkeit triumphiren? was erwünschlicher ihnen, als dass wir zu Grunde gehen, ohne das Schwert zu zücken und eine Wunde zu erhalten? Wer sollte es nicht vorziehen, sein Glück zu versuchen, als den Ruhm seiner Thaten durch einen schmählichen Untergang zu schänden? Wir denken vielleicht aus Furcht auf – Ergebung, um das Leben durch eine erbettelte Sklaverei zu retten. Aber was denke ich da? Ich schaudere, Soldaten! Die Seele bebt zurück vor diesem aufsteigenden Gedanken. Wollen wir die Treue der Ungläubigen anrufen? Wahnsinn ist es in der That, ja Wahnsinn, die Treue der Ungläubigen anflehen, die Güte dieser Barbaren in Anspruch nehmen. Wir haben es nicht mit einem solchen Volke zu thun, welches, wenn es siegreich ist, seine Hände vom Morde zurückhält, an den es gewöhnt ist. Diese Nation kennt kein Kriegsrecht, und kennete sie dasselbe, sie würde es auch nicht halten. Dieses rohe und ohnmächtige Volk freuet sich nur, so oft ihm eine Gelegenheit zum Morde gegeben ist; es gibt sein Wort nur, um es zu brechen. Bündnisse, die es beschworen hat, hält es nicht; Recht und Unrecht wirft es unter einander, um seinen Blutdurst zu sättigen, um an dem Anblick der Sterbenden sich zu weiden.
Und was dann, wäre auch eine unschädliche und unblutige Gefangenschaft zu hoffen? Ist Sterben armselig, so ist Sklavendienste thun noch weit armseliger. Pfui der Schande! Wir sollten als Soldaten, bewaffnet, und – was die Hauptsache ist – sieggewohnt, unsere Kräfte und uns selbst so sehr vergessen, dass wir unsere Hände unbewaffnet den Feinden entgegen strecken? Dass wir unter das Joch unsern Nacken beugen, damit die übermüthigen Barbaren ihren Fuss darauf setzen können? Wo ist sodann die Zierde des Kriegerstandes? Wo sind dann unsere Trophäen? Wo so viele Standarten? Wo die dem Feinde abgenommene Beute? Wo der geschworne Eid? Wo der Kaiser? Wo die Religion? Doch was erwähne ich dies? Jener Verdacht fällt nicht auf diese Gemüther, nicht auf jene Männer, besonders da wir uns noch nicht auf jenem Punkte der Verzweiflung befinden, dass es den Anschein hat, als müssten wir des Kriegsglückes wegen in grösster Sorge sein. Wir werden ja nur von einem Feinde geängstigt, der auch besiegt werden kann und der schon so oft vor uns geflohen ist. Seine Stellung ist allerdings die bessere, ich gestehe es ein. Durch die Menge hat er das Uebergewicht; sei es auch.
Würdig seid ihr, dass ihr in geringer Anzahl auch mit einem übermächtigen Feinde den Kampf aufnehmet, würdig, den Ruhm des Sieges zu verdoppeln, wenn ihr nämlich sowohl die feindliche Stellung als den Feind selbst überwindet. Auch das kann uns herzhafter machen, dass wir nun, ohne Oberbefehlshaber, zum Kampfe freiere Hand haben. Ich glaube, die Feigheit dieses furchtsamen Anführers wäre im Stande gewesen, die Schwerter sowohl, als auch die Gemüther des ganzen Heeres stumpf zu machen. Geschehen wäre es gewesen um eure Rettung, um euren Ruhm, hätte er nicht so schnell das Oberkommando weggeworfen. Die Schmach wurde zur Wohlthat. Durch seine Flucht hat er uns die Gelegenheit gegeben, zu siegen. Flüchtig hat er die Feigheit, den Schrecken, die Furcht – sein gewöhnliches Gefolge – mit sich genommen; euch ist die Tapferkeit zurückgelassen worden; sie wird uns den Sieg verschaffen. Jener war nicht fähig eines solchen Gutes; er ist fort, geflohen, verschwunden! Soldaten ! Dieses ist nur darum geschehen, auf dass der Sieg ganz euch gehöre.Jener wird sich nun keinen fremden Ruhm aneignen können, keinen Titel davontragen, den ihr durch eure Anstrengung euch verdient habt. Ich wünsche euch Glück, dass ihr solche Soldaten seid, die nicht einmal eines Anführers bedürfen. Hinlänglich habe ich's erfahren, dass Jeder von euch Anführer sein könnte.„Wohlan, handelt jetzt eingedenk eures Ruhmes, eingedenk des christlichen Namens. Gott, dessen Sache und Ehre wir vertheidigen, wird den Herzhaften vom Himmel Hülfe schicken. An mir, den ihr an Katzianers Stelle zum Feldherrn verlangt habet, werdet ihr nicht sowohl einen Anführer als vielmehr einen Kriegskameraden und Vorkämpfer haben. Diese Schmach sei ferne von mir, dass ich in die Fussstapfen des feigen Oberbefehlshabers treten sollte. Den Titel eines Feldherrn, den Jener so entehrt hat, verschmähe ich; die Strapatzen eines Feldherrn, denen jener nicht gewachsen war, weise ich aber nicht zurück. Ich werde mich in den dichtesten Haufen der Feinde stürzen. Ich werde der Erste sein, Blut fliessen zu machen oder mein Blut zu vergiessen; mag aber immerhin die Sache ausfallen wie sie will, der Sieg oder Untergang wird mich von der Schmach der Sklaverei befreien.“
Als der Held geendet hatte, soll ihm ein gemeiner deutscher Kriegsmann
zugerufen haben:
Auf das schwang sich Graf Ludwig, der den Sinn dieser Rede nur zu gut verstand, schnell aus dem Sattel, und rief mit lauter und fester Stimme: „Brüder! ich fechte mit euch zu Fuss.“
Nun hieb er mit vier gewaltigen Streichen seinem edlen Streitrosse die Füsse ab und überliess die übrigen Pferde, die er noch hatte, einigen verwundeten Kriegskameraden, auf dass diese mittelst jener sich retten könnten.
„Lodron! Du hast leicht reden; Du sitzest zu Pferde und kannst mit sechs Füssen schneller fliehen als wir mit zweien.“
Auf das schwang sich Graf Ludwig, der den Sinn dieser Rede nur zu gut verstand, schnell aus dem Sattel, und rief mit lauter und fester Stimme: „Brüder! ich fechte mit euch zu Fuss.“
Nun hieb er mit vier gewaltigen Streichen seinem edlen Streitrosse die Füsse ab und überliess die übrigen Pferde, die er noch hatte, einigen verwundeten Kriegskameraden, auf dass diese mittelst jener sich retten könnten.
Der Held stellte sich dann an die Spitze
der kleinen Schaar, die, in einen Keil zusammengedrängt, zum ungleichen,
hoffnungslosen Kampf in dem Augenblick aus dem Lager hervorbrach, als der Feind
bereits von allen Seiten anstürmte; schnell ward das tapfere Häuflein ganz
umzingelt und von der türkischen Reiterei wüthend angegriffen. Graf Schlick,
der Ehre seines Namens und Geschlechtes uneingedenk, war der Erste, der aus dem
Gefechte entwich und sich durch die Flucht rettete. Die Böhmen und Oesterreicher,
sowie alle Uebrigen, kämpften gegen die feindliche Uebermacht nur kurze Zeit;
sie wurden grösstentheils zusammengehauen, darunter auch viele vom Adel. Ihre
Hauptleute: Kunriger, Georg Taifel, Gebhard Belczer, Leonhard Lamberg und
einige Andere geriethen in feindliche Gefangenschaft. Graf Niklas von Thurn
rettete sich, obwohl schwer verwundet, mit genauer Noth durch die Flucht.
Erasmus Mager, der tapfere Hauptmann der Kärnthner, der durch Seinen glänzenden
Helm und wallenden Federbusch den Blick der Feinde auf sich zog, sank nach dem
tapfersten Widerstand unter die Todten. Noch stand Graf Ludwig von Lodrom mit
seiner Heldenschaar, die aus dreien Fähnlein Tirolern bestand. Durch den Ungestüm
der feindlichen Reiterei wurde der Held auf ein sumpfiges Terrain hingedrängt.
Unfähig auf dem schlüpferigen Terrain fortzukämpfen und überdies tödtlich
verwundet, fiel Graf Ludwig in die Gefangenschaft der Türken und wurde hierauf
von seinen Wächtern getödtet, da es den Anschein hatte, als könne er der
erhaltenen schweren Wunden wegen den Transport nicht aushalten, somit nicht
mehr lebendig mit den übrigen Gefangenen nach Konstantinopel gebracht werden.
So erzählt uns den Tod des Helden die Geschichte des Lodron'schen Hauses.
Nach andern Quellen hätte Murad Beg, die
Tapferkeit auch im Feinde ehrend, dem edlen Grafen für den Fall, dass er sich
ergebe, die Schonung des Lebens anbieten lassen. Darauf vertrauend habe sich
Graf Ludwig an Murad Beg nach einer heldenmüthigen Gegenwehr ergeben, der auch
seiner schonte; jedoch nicht so edel habe Mohamed Pascha gedacht, der Statthalter
von Semendria, der den schwer verwundeten Grafen durch seine Wächter tödten
liess unter dem Vorwande, dass er ohnehin an den erhaltenen Wunden hätte
sterben müssen!
Der Kopf des Helden, sowie des Erasmus
Mager und des braven Paul Bakits, der kurz zuvor in einem Gefechte bei Diakovar
gefallen war, wurden als Siegeszeichen in silbernen Becken nach Konstantinopel
an den Sultan gesandt. Das ganze Geschütz, das noch vorhanden war, sowie das
ganze christliche Lager fiel den Türken in die Hände. Unter den von den Türken
hier eroberten Kanonen war eine, die sich vor den übrigen durch ihre Grösse
auszeichnete und noch ein halbes Jahrhundert hindurch in den spätern Kriegen
eine wichtige Rolle spielte. Diese Kanone, die Katzianerin genannt, sowie die übrigen
eroberten und mit golddurchwebten Tüchern und Fahnen geschmückten Geschütze
mussten die christlichen Gefangenen – darunter so viele Tiroler ! – wie Pferde
bis nach Konstantinopel vor die Augen des Sultans schleppen und in solcher Weise
den Triumph der Türken verherrlichen.
Auf die erzählte Weise endete der edle,
fromme und tapfere Graf Ludwig von Lodron im Kampfe gegen den Erbfeind des
christlichen Namens sein thatenreiches Leben.
5. Am 12. März 1538 schrieb der Rath der
Stadt Ragusa an Ferdinand I., Graf Ludwig von Lodron sei im Kampfe für den
Glauben gegen die Türken zum Gefangenen gemacht worden. Der Kaiser und König –
Ferdinand – versicherte: es seien alle möglichen Nachforschungen gemacht
worden, um den Grafen lebendig anzutreffen und auszulösen, auf dass der
christliche Staat nicht eines Mannes von solchen Verdiensten beraubt bleibe.
Den 16. April erwiederte Ferdinand von Prag aus dem Rathe der Stadt Ragusa,
dass dieser ihm einen lieben Dienst erweisen würde, wenn er neue
Nachforschungen anstellete, um den Grafen Ludwig aufzufinden und zu befreien;
gleichzeitig liess er dieses auch dem Kardinal und Fürstbischofe von Trient,
Bernard von Cles, zu wissen machen.
Dass alle um den Helden angestellten
Nachforschungen vergeblich sein mussten, darf wohl nicht erst erwähnt werden.
6. Graf Ludwig von Lodron ist ein
vielbesungener Held; sein schöner Tod hat den Dichtern sehr oft schon einen
willkommenen Stoff geboten, sich in ihrer edlen Kunst zu versuchen. Als
licentia poetica mag es aber angesehen werden, wenn dieselben den tapfern
Grafen im Kampfe mit dem Sultan selbsten fallen lassen.
7. Wie uns der Tiroler Almanach vom Jahre
1804 erzählt, soll Karl Ferdinand Graf von Lodron und Domprobst von Trient im
Jahre 1719 seinem erlauchten Ahnherrn in der Heiligkreuz Kirche zu Trient ein
Monument haben setzen lassen – mit folgender Inschrift:
D. O. M. Ludovico S. R. I. Comiti de
Lodron-Laterano etc. Florentiae et Parmae Consignatori, Caesarei exercitus
supremo Duci. Qui post plura Domui Augustae praestita servitia Viennam
obsidione,[3]
fidem Catholicam metu, Carolum V Caesarem periculis liberavit.
Ut militem fortius in Turcas ac Solimanum
inveheret, proprio equo ungulis abscissis, victoriae, quam tenuit, non fugae
consuluit. Quare fama et factis onustus prope Essechium mortuus, Nominis
immortalitatem sibi comparavit.
Agnato tam praeclaro de patria, de Austriae
Domo, de Religione benemerito Carolus Ferdinandus S. R. I. Comes Lodroni et
Castri Romani, Lateranus Patricius Romanus, Dominus Castri S. Joannis etc.
Praepositus et Canonicus Tridenti et trium Sanctorum, Legato perpetuo
Constituto ad diem 19. Aug. in S. Crucis, seu trium Regum Basil. P. P. Ord. M.
Conv. S. Franc. S. S. Stigm. Ao. 1224 erecta, ad S. Ludovici Episcopi altare
sub Carolo VI feliciter regnante Anno 1719 gratus posuit.
Wie uns aber derselbe Almanach berichtet,
wäre das in Rede stehende Monument im Jahre 1804 weder in der
Heiligkreuzkirche, noch in einer andern Kirche der Stadt Trient mehr zu finden
gewesen; wohin dasselbe gekommen, ist unbekannt. Damit nehmen wir Abschied von
unserm Helden.
Sit ipsi terra levis!
[1] Hier muss ich den freundlichen Leser mit der Bemerkung unter brechen,
dass in eben demselben Jahre (1537), in welchem Graf Ludwig den
verhängnissvollen Feldzug nach Slavonien mit machte, auch noch zwei andere
Grafen von Lodron , nämlich Hieronymus und Paris als k. k. Kriegsobersten Karls
V. sich in Piemont ausgezeichnet haben. „Caroli V stipendia in Pedemontio
merentes strenue actam egregie segesserunt, ut summam apud omnes sibi laudem et
gloriam comparaverint.“ Fast zu gleicher Zeit erwähnt die Geschichte auch eines
andern Grafen von Lodron, nämlich des Grafen Sigismund, der sich am Hofe
Ferdinands I. aufhielt und von diesem Monarchen seiner besondern Klugheit wegen
hochgeschätzt wurde. Graf Sigis mund war um das Jahr 1557 noch am Leben.
„Da trat Balthasar Banffy mit dem Vorschlag auf, schnell Erdöd zu
erobern; dort seien der Türken Weiber, Kinder und Schätze, folglich auch
Mundvorrath. Erdöd liegt am Zusammenfluss der Drau und Donau – kaum zwei Meilen
von Essek entfernt; jetzt ist es ein unbedeutendes Dorf. Katzianer rückte hin;
nur 20 Türken verheidigten das kleine Schloss: diese lödtelen beinahe ein
halbes Hundert Christen, bevor sie sich ergaben. Ein paar Weiher und Kinder,
zwei Fässer Weizenmehl und eben so viel Hirse war Alles, was die Christen erbeutelen.“
[3] Dass Graf Ludwig bei der Belagerung von Wien nicht war,
weil zu gleicher Zeit mit der Belagerung
von Florenz
beschäftigt, ist früher schon bemerkt
worden.
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